IKF-News Dezember 2021
Zukunftstrends nach der Pandemie

Eines der Ergebnisse der Pandemie ist, dass die Globalisierung nun für alle offensichtlich ist. Nicht nur, dass die globale Konnektivität und die Menschenströme das Virus innerhalb weniger Wochen in der ganzen Welt verbreiteten, auch die anschließende Verknappung von Schutzmaterialien und medizinischer Ausrüstung zeigte die internationalen Abhängigkeiten nur allzu gut. Die nationalistische Reaktion, Grenzen zu schließen und Menschen- und Materialflüsse zu blockieren, stellt eine »Lockdown«-Mentalität dar, die darauf abzielt, die Verbindungen zu unterbrechen und den Fluss des Virus zu stoppen. Dies jedoch zum Preis, dass die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Grundlagen der weltumspannenden Netzwerkgesellschaft gestört werden.

Politisch sehen sich antiglobalistische Fraktionen im Recht, während diejenigen, die den Nationalstaat und seine populistischen Unterstützer für überholt halten, auf die Notwendigkeit hinweisen, internationale Organisationen wie die WHO und die Vereinten Nationen zu stärken. Folgt man diesen beiden möglichen Entwicklungslinien in den wirtschaftlichen Bereich, so erwarten die einen eine Reorganisation der Versorgungsketten und der Produktion zugunsten nationaler Unabhängigkeit unter dem Regime einer stärkeren zentralisierten Kontrolle und Regulierung bis hin zur Verstaatlichung einiger Industrien, während die anderen auf dezentrale und vernetzte Organisationen setzen, die allein in der Lage sind, mit der Komplexität der Situation zurechtzukommen. Die Linke fordert ein universelles Grundeinkommen und eine verstärkte staatliche Unterstützung für diejenigen, die ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen verloren haben, während die Rechte eine Deregulierung fordert, um Innovationen und die schnelle Entwicklung und Einführung neuer Geschäftsmodelle und neuer Produkte und Dienstleistungen zu fördern.

Interessanter als die Wiederholung bekannter politischer Narrative ist die Rolle von Wissenschaft und Technologie in der Welt nach der Pandemie. Einige sehen die wachsende Abhängigkeit der Politik von der Wissenschaft als einen Trend zur Technokratie, während andere sehen, wie die Wissenschaft nicht in der Lage ist, mit den dringenden moralischen und sozialen Fragen umzugehen, die die Pandemie aufwirft.
Einerseits muss sich die Gesellschaft an wissenschaftlichen Erkenntnissen und sollte sich nicht an politischen Ideologien orientieren, anderseits können uns Wissenschaftler nicht vorschreiben, welchen Werten und Visionen für die zukünftige Gesellschaft wir folgen sollen.
Ist es richtig, Leben zu »opfern«, um wirtschaftlichen Wohlstand zu »bewahren«?
Wie viel Geld ist ein Menschenleben wert?
Wann ist das Leben nicht mehr »lebenswert«?
Der Ruf nach wirtschaftlichen Opfern im Namen der Generationensolidarität bleibt nicht mehr unhinterfragt. Der Konflikt zwischen dem Wert des individuellen Lebens und dem Wert des gesellschaftlichen Wohlergehens wird noch verschärft durch das Beharren auf der Aufrechterhaltung der individuellen Rechte, zu sagen und zu tun, was man will, gegen die Forderungen nach einer Regulierung der öffentlichen Gesundheit zum Wohle der Allgemeinheit. Überwiegen die persönlichen Rechte, zum Beispiel Impfungen zu verweigern, die Pflichten, die Gesellschaft als Ganzes zu schützen? Dies sind Fragen, die von der Wissenschaft nicht beantwortet werden können. Das wachsende Bedürfnis nach einer tragfähigen Vision einer globalen Zukunft wird den politischen Diskurs (hoffentlich) weg von traditionellen Ideologien hin zu neuen Horizonten verschieben.

Auch wenn der Einfluss der Medizin auf die Politik kurzlebig und unklar sein mag: Der Einfluss der digitalen Technologien auf die Gesellschaft ist enorm und wird weiter anhalten. Sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor, im Bildungswesen, im Gesundheitswesen, in der Forschung und in anderen Bereichen haben Organisationen aller Art erkannt, dass Homeoffice, virtuelle Lieferung von Dienstleistungen und Produkten, virtuelle Zusammenarbeit, New Work und Dezentralisierung sehr gut funktionieren und sowohl Kosten senken als auch drängende Umweltprobleme lösen.
Viele »Digital Immigrants« wurden schnell und sogar gewaltsam in die digitale Welt »eingebürgert«, und das traditionelle Top-down-Befehls- und Kontrollmanagement hat vielleicht den Todesstoß erhalten. Es besteht ein klarer Bedarf an Bürokratieabbau und Enthierarchisierung – nicht nur im Gesundheitswesen, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft. Das Coronavirus hat nicht nur viele Menschen ausgelöscht, sondern auch viele traditionelle Überzeugungen über die soziale und wirtschaftliche Ordnung und über die Art und Weise, wie die Dinge zu tun sind, über den Haufen geworfen.

Eine weitere Auswirkung der Pandemie wird wahrscheinlich zu steigenden Forderungen nach Transparenz und offenen Informationen führen. Schon jetzt werfen viele China eine gefährliche Zensur und Geheimhaltung in Bezug auf Informationen über den Ausbruch vor. Wissenschaftler haben sich zu einem weltweiten Austausch von Daten und Forschungsergebnissen zusammengeschlossen. Verlage haben Bezahlschranken niedergerissen. Der offene Zugang zu Informationen aller Art wird als Priorität angesehen. Ansprüche auf geistiges Eigentum werden suspekt. Hinzu kommt, dass Regierungen Tracking-Apps einsetzen und die Bürgerinnen und Bürger mehr Offenlegung von sogenannten »persönlichen Informationen« akzeptieren.
In der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit/Gesundheit scheint die Sicherheit die besseren Karten zu haben. Dies wird noch deutlicher, wenn wir bedenken, dass die Verlagerung von mehr staatlichen und geschäftlichen Aktivitäten in den Cyber-Bereich größere Gefahren der Cyber-Kriminalität und der Cyber-Kriegsführung mit sich bringt, die wiederum viel größere Investitionen in die Cyber-Sicherheit oder sogar völlig neue Sicherheitskonzepte und begleitende soziale und organisatorische Veränderungen erfordern.

Insgesamt scheint es, dass wir uns im Zuge der Pandemie schneller als je zuvor in Richtung der datengesteuerten globalen Netzwerkgesellschaft bewegen. Einige haben vorhergesagt, dass die Pandemie den »Techlash« beenden wird – denn was wir zum Überleben brauchen, sind mehr Informationen über jeden und alles, nicht weniger. Diese Informationen müssen so schnell wie möglich analysiert und genutzt werden, was Investitionen in KI und Big-Data-Analytik anspornt. Rufe nach Datenschutz, nach Regulierung von Tech-Giganten und nach Moratorien für den Einsatz von Tracking, Überwachung und KI werden schwächer und verlieren weltweit an Unterstützung.
Vielleicht müssen traditionelle Vorstellungen von bürgerlichen Freiheiten überarbeitet und für eine Welt aktualisiert werden, in der Konnektivität, Informationsfluss, Transparenz und Partizipation die wichtigsten Werte sind.

Zu Zukunftsthemen der Digitalen Transformation, Digitalisierung in Verwaltung und Gesundheitswesen, Innovative Arbeitswelten etc. bietet das IKF folgende CAS an:

Frühjahr 2022:
CAS eHealth (Start 18.03.2022)
CAS Innovative Arbeitswelten: New Work & Collaboration (Start 29.04.2022)

Sommer:
CAS Healthcare Transformation - Berlin Summer School (Start 29.06.2022)

Herbst 2022:
CAS Digitale Transformation (Start 17.09.2022)
CAS Digital Health erfolgreich umsetzen (Start 21.09.2022)
CAS E-Learning - Bildung digital (Start 22.10.2022)
CAS Wissensmanagement & organisationales Lernen (Start 28.10.2022)
CAS Transformation Toolbox (Start 18.11.2022)

Einige der o.g. CAS bieten wir auch als reine Online-Individualkurse an. Diese können jederzeit gebucht und flexibel gestartet werden. Eine Übersicht über unsere Online-CAS gibt es hier.

 
 
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